Karl Nolle, MdL

die tageszeitung, taz, 03.05.2001

Kurt bleibt doch

Sachsens Ministerpraesident Kurt Biedenkopf hat nicht zu wenig, sondern zu viel Miete gezahlt, meint ein Pruefbericht der Staatskanzlei. Kein Ruecktritt
 
DRESDEN taz. Nervositaet herrschte spuerbar schon vor Beginn der gestrigen Sitzung des Haushalt- und Finanzausschusses im Saechsischen Landtag.

Waehrend die CDUler betretene Gesichter machten, gab der SPD-Abgeordnete Karl Nolle ein Interview nach dem anderen. Bissig hatte er in den letzten Wochen die Staatskanzlei mit Anfragen geloechert und den Schneeball erst zur Lawine anwachsen lassen. Sein Vorwurf: das Ehepaar Biedenkopf als Mieter im Gaestehaus der Staatsregierung habe sich Vorteile verschafft. Mit einmal hatte auch Sachsen seine klassische Putzfrauenaffaere. Noch vor einem ohnehin erwarteten Bericht des Rechnungshofes sah sich daraufhin die Staatskanzlei veranlasst, in nur drei Wochen einen eigenen Pruefreport zu erstellen. Hinsichtlich der von der Opposition als viel zu gering angesehenen Mietzahlung am Gaestehaus von 1.857 Mark warm fuer 150 Quadratmeter blieben die externen Gutachter uneins. Bestand eine Mietpreisbindung oder nicht?

Was schliesslich herauskam, kommentierte Nolle spontan als "Zumutung": 8,15 Mark kalt in einer Spitzenlage am Weissen Hirsch sind voellig korrekt, weil nicht Biedenkopf selbst, sondern die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft die Mietvertraege abgeschlossen hat. Im Gegenteil: Biedenkopf sind sogar rund 13.802 Mark zu viel berechnet worden, weil sich die exakte Wohnungsgroesse nach achtmaligem Nachmessen mit nur 130 qm herausstellte. Ueberdies seien die Betriebskosten zu hoch angesetzt gewesen. Hier haette die uebliche Pauschale greifen muessen, denn erstaunlicherweise verfuegt die Villa nicht ueber separate Messgeraete. Der Betrieb entspreche ueberhaupt "in keiner Weise" den Haushaltvorschriften des Freistaates, raeumte Staatskanzleichef Georg Brueggen ein. Verantwortlich machte er fuer die allzu lockere Handhabung die Fuehrungsspitzen von Staatskanzlei und Finanzministerium, also seinen Amtsvorgaenger und Biedenkopf-Intimus Guenter Meyer. Immerhin finden aber die Fahnder der Staatskanzlei einige Ungereimtheiten, die geldwerte Vorteile Biedenkopf bei Verwandtenbesuchen ausmachen. "Alles in allem ein Nullsummenspiel", so Brueggen, der damit die Verantwortung von Biedenkopf weg auf die Staatskanzlei zog. Fuer Karl Nolle bleibt indessen am empoerendsten, dass am privaten "Hofstaat" von sechs Freistaatsangestellten der Biedenkopfs nicht geruettelt wird. Biedenkopf selbst hatte gestern Zahlungsbereitschaft erklaert, jegliche Ruecktrittsforderungen aber zurueckgewiesen.
(von MICHAEL BARTSCH)

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