BILD-Zeitung, 07.06.2001
Herr Roßberg, warum sollen wir Sie wählen?
Interview von A. Albert und W. Müller
DRESDEN. Nur noch drei Tage... Dann will Ingolf Roßberg (40, FDP) neuer Oberbürgermeister von Dresden werden. BILD sprach gestern mit ihm.
BILD: 1994 sind Sie nicht gewählt worden. Warum soll es diesmal klappen?
Roßberg: Heute unterstützen mich SPD, FDP, PDS, Grüne, die Freien Wähler und die Bürger-Initiative OB für Dresden - eine Mehrheit. Damals trat ich für die FDP an, erreichte immerhin dreimal soviel wie die Partei sonst.
BILD: Sollten Sie gewinnen, treffen sie auf die gleichen Mitarbeiter, die gleichen Budgets. Warum sollten Sie mehr herausholen als Dr. Wagner?
Roßberg: In der Stadt ist viel Geld, das nicht effektiv genutzt wird. Wir brauchen z.B. nicht 18 Ämter, die sich mit Bau beschäftigen.
BILD: Was sagen Sie zum Rathaus?
Roßberg: Zu viel Hierarchie und interne Bürokratie. Gewinne ich, mache ich in zwei Jahren aus der Verwaltung einen guten Dienstleister für den Bürger. Die Mitarbeiter an der Basis sollen mehr Verantwortung bekommen, für Leistungen belohnt werden. Die Ortsämter sollten z. B. alle sozialen Leistungen aus einer Hand anbieten. Das spart den Bürgern Zeit und Wege.
BILD: Wo soll noch Geld herkommen?
Roßberg: Z. B. von der Europäischen Union. In Dresden kümmert sich eine Frau auf unterer Ebene nebenbei um diese Fördermittel, Dortmund hat dafür z. B. vier Referenten. Außerdem müssen Stadtfirmen ausgegründet werden. In Wuppertal arbeiten z.8. drei Leute in der Stadtbeleuchtung, bei uns 78.
BILD: Das wird Ärger geben...
Roßberg: Ich habe schon mit den Personalräten gesprochen. Der Frust ist größer, weil es statt eines klaren Konzeptes ständig Gezerre um Planstellen gibt. Die Leute wissen: Wenn sich was tun soll, lassen sich harte Maßnahmen nicht vermeiden. Trotzdem gibt es mit mir sichere Arbeitsplätze.
BILD: Was gibt es mit Ihnen nicht?
Roßberg: Keinesfalls werden die Gebühren und Abgaben weiter steigen. Beteiligungen, die der Stadt nützen, behalten wir - z. B. die DREWAG. An Sport und Kultur darf nicht mehr gespart werden, dafür an der Zentralen Verwaltung, z. B. Hauptamt und Statistikstelle.
BILD: Ihr wichtigstes Projekt?
Roßberg: In zehn Jahren alle Schulen sanieren. Die Stadt kann das nicht allein bezahlen. Ich will die Wohnungsgesellschaften als Partner holen. Gepflegte Schulen gehören zu einem ordentlichen Wohnumfeld. Das ist besser als wenn sich die Woba Nordwest z. B. eine teure neue Verwaltung an der Hauptstraße baut oder sich am Kongresszentrum beteiligt.
BILD: Ihre Pläne für die Stadt?
Roßberg: Weg mit den Hochhäusern am Terrassenufer bis 2006, Umbau des Kulturpalastes zur Philharmonie, Waldschlösschenbrücke bis 2004. Im Ostragehege soll der Zirkus Sarrasani eine neue Spielstätte bekommen. Die neue Eissporthalle soll gebaut, das Steyer-Stadion auf FIFA-Norm gebracht werden. Ich glaube übrigens noch an eine Dresdner Mannschaft in der Bundesliga.
BILD: Was würden Sie von ihrem Vorgänger übernehmen?
Roßberg: Da gibt es wenig, wir vertreten zwei gegensätzliche Konzepte. Ich will meine Mitarbeiter und die Bürger begeistern, motivieren. Ich werde mich, anders als mein Vorgänger, auch durchsetzen. Das verlangen die Bürger mit Recht von einem guten Ober-bürgermeister.
Das Interview wurde von A. Albert und W. Müller geführt