Karl Nolle, MdL

DNN, 15.06.2001

Berghofer: "Der Hut liegt im Ring"

Ex-OB als Kandidat zugelassen/Stasi-Prüfung erst nach der Wahl/Kritik an Roßberg
 
DRESDEN. Wolfgang Berghofer, letzter Dresdner SED-Oberbürgermeister, hat Vorwürfe, die CDU oder CDU-nahe Kreise hätten ihn zur Kandidatur motiviert, genau wie zuvor Amtsinhaber Herbert Wagner (CDU) als "Wahlkampfgetöse" bezeichnet. Berghofer ist seit gestern morgen 8.18 Uhr offiziell Kandidat für den zweiten Durchgang der OB-Wahl am 24. Juni. Der Wahlausschuss hatte zuvor seine Bewerbung zugelassen.

"Der Hut liegt im Ring, nun warten wir's mal ab", sagte Berghofer nach der Ausschusssitzung. Potenziale sah er vor allem bei bisherigen Nichtwählern. Die verbleibenden zehn Tage bis zur Entscheidung betrachtete er als ausreichend für seinen Wahlkampf. "Ich denke, ich bin bekannt", sagte Berghofer. Hinter Vorwürfen gegen ihn stecke "die Angst der Parteien, ihre Pfründe zu verlieren". Kritik übte der Ex-OB an Ingolf Roßberg, Kandidat der Bürgerinitiative "OB für Dresden". Der habe im Sozialismus Revolution mit drei R geschrieben und tue heute so, "als komme ich aus der Vergangenheit und er aus der Zukunft." Roßberg hatte über Berghofers Ambitionen gesagt: "Wolfgang Berghofer ist Vergangenheit, Herbert Wagner ist seit Sonntag Vergangenheit, ich bin die Zukunft."

Roßberg war nach eigenen Angaben ab 1984 fünf Jahre Nachrückkandidat ohne Stimmrecht und seit Mai 1989 Stadtverordneter der LDP. Zu Berghofers Kritik sagte er den DNN gestern: "Er war Bestandteil des Systems, ich nicht." SPD-Generalsekretär Franz Müntefering bezeichnete Berghofer als "Trittbrettfahrer und Helfershelfer der CDU".

Dass der heute parteilose Ex-SED-Kader zur Wahl zugelassen ist, heißt nicht definitiv, dass er wieder OB werden dürfte. Der Wahlausschuss hat seine Bewerbung wie die aller Kandidaten nur formal geprüft. Inhaltlich prüft das Regierungspräsidium erst nach der Wahl und nur beim Gewinner. Falls die Behörde feststellt, dass der nicht OB werden kann, gibt es eine Neuwahl.

Für die Kandidatur mussten alle Bewerber eine Erklärung unterschreiben, nicht für das Ministerium für Staatssicherheit tätig gewesen zu sein. Nach sächsischem Beamtengesetz darf ins Beamtenverhältnis "grundsätzlich nicht berufen werden", wer für die Stasi tätig war. Aus Berghofers Akte geht hervor, dass er als "IM Falk" der Stasi diente. Das Sächsische Verfassungsgericht hat 1997 in einem Urteil ein derart pauschales Amtsverbot abgelehnt und dem persönlichen Verhalten nach der Wende Bedeutung zugewiesen.
(Stefan Alberti)

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