Sächsischer Bote, 27.06.2001
Von Vätern und Verlierern
DRESDEN. So ein Sieg hat viele Väter. Der von Ingolf Roßberg wohl sogar einen Übervater. Denn sein Einzug ins Dresdner Rathaus war ein „fabelhafter Erfolg für die FDP". Dieses Jubelfax lag bereits auf den Schreibtischen der Redaktionen, als die Wahllokale noch keine zwei Stunden geschlossen hatten. Das „Traumergebnis für die gesamte FDP" wird gefeiert. Aber fehlt da nicht etwas? Nun, die „unterstützenden Wählervereinigungen und Parteien" werden auch noch erwähnt. So nebenbei. Man ist da großzügig. Wir sind es ebenfalls und erinnern hier nicht , daran, dass die FDP so ziemlich zuletzt diesem breiten Abwahlbündnis beigetreten ist. Und selbst das nur recht halbherzig. Aber die Füße der Parteibasis tragen nun mal den Parteienkopf - und sei's zur Jagd.
Der Kopf des SPD-Ortsvereins Dresden-Neustadt verbreitete ebenfalls eine Pressemitteilung nach der Wahl. In dieser heißt es unter anderem: „Zurück bleiben einige fanatisierte Jung-Unionisten, die von ihren geistigen Vätern so aufgeheizt wurden, dass es ihnen schwer fallen dürfte, mit dem Ergebnis zu leben. Daran ändern auch manche CDU-Stadträte nichts, die vor lauter Opportunismus das Hinterteil des neuen OB ebenso attraktiv finden werden, wie das des abgewählten." Zu dem schlimmen Zitat fällt einem nur ein anderes; hier etwas abgeändertes ein: Nicht nur verlieren will gelernt sein, sondern siegen auch.
Gelernt hat das Ingolf Roßberg in seinen wechselvollen Jahren in der Kommunalpolitik. Denn der Wahlsieger trat nicht nach, sondern blickte nach vorn, als er der CDU, also dem Wahlverlierer; die Hand für eine sachliche Zusammenarbeit im Stadtrat anbot. Und das sollte keiner leichtfertig ausschlagen.
Unterschlagen wir jedoch nicht, dass bei der OB-Wahl nur knapp die Hälfte der wahlberechtigten Bürger das Mitspracherecht wahrgenommen hat. Umso eifriger wird die andere bestimmt mitreden wollen, befürchtet der SÄCHSISCHE BOTE.