DNN, 30.09.2000
Das war’s dann wohl für Karl Nolle
Von Woche zu Woche, Kolumne von Dirk Birgel
Das , war's dann wohl für
Karl Nolle. Kaum von einer Parteikommission auf den Schild gehoben, Oberbürgermeister Herbert Wagner im kommenden Jahr herauszufordern, kann der Dresdner Landtagsabgeordnete seine Ambitionen praktisch begraben. Eine Indiskretion sorgte dafür, daß Nolles Name zu früh ins Gespräch kam. Negativreaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Aus! Wie heißt es so schön; Feind - Todfeind - Parteifreund.
Die SPD gibt sich indes betont gelassen und spielt auf Zeit. Was bleibt ihr auch anderes übrig. Die Suche nach einem Kandidaten ist langsam reif fürs Fernsehen - für „Pleiten, Pech und Pannen“. Erst der peinliche Versuch, den letzten SED-Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer wieder salonfähig zu machen. Dann holten die Genossen sich bei der Suche außerhalb Dresdens einige Körbe. Sogar Einheits- Gegner und Politdeserteur Oskar Lafontaine soll gefragt worden sein - vermutlich eine Ente, so viel Dummheit ist den Dresdner Sozis nicht zuzutrauen. Jetzt also die vorzeitige Demontage Nolles.
Der Druckereibesitzer wird es überleben, er hat ein dickes Fell. Aber er ist einer der wenigen charismatischen und ernst zu nehmenden Figuren in der Dresdner SPD und ein gewiefter Machtpolitiker. Es war schon beeindruckend, wie er dem dauerambitionierten Manfred Müntjes den Chefsessel im Unterbezirk unter dem Hintern weggezogen und Fraktionskollegin Marlies Volkmer draufgesetzt hat. Aber als OB-KandIdat spricht zu viel gegen den 55-Jährigen. Die linken Parteien im Parlament haben nach dem Debakel bei der letzten Wahl erkannt, daß nur ein gemeinsamer Kandidat OB Herbert Wagner das Amt streitig machen kann. Wie soll die PDS einen erfolgreichen Unternehmer, Kanzlerfreund und Wessi unterstützen? Da dreht sich ja Honecker im Grabe rum, verprellt man sich alle Wähler, die der DDR nachtrauern!
Auf ein Neues also! Noch ist Zeit, aber nicht mehr viel, im Juni 2001 ist Wahl, der Wahlkampf beginnt wohl im April und ein bisschen Vorlauf zur Profilierung könnte einem Kandidaten wohl auch nicht schaden. Kurz: Bis Ende des Jahres muß die Entscheidung eigentlich gefallen sein. Und es ist nicht gerade so, daß sich die Genossen um die Kandidatur reißen. Denn die Möglichkeit einer Niederlage wollen nicht mal hartgesottene 0ptimisten ausschließen. In diesem Sinne ein schönes Wochenende. Ihr Dirk Birgel