DNN, 28.10.2000
Jusos mit Parteipromis auf Aufwachkurs / Nolle: "Wesentliche Verstärkung&quo
SPD-Nachwuchs protestiert gegen Jugendhilfe-Kürzung und wählt neue Spitze
DRESDEN.
Karl Nolle, designierter Oberbürgermeisterkandidat der SPD und selbst ehemaliger Juso-Funktionär, soll auf Hilfe aus dem Parteinachwuchs zählen können. Eine Gruppe von zehn, zwölf Leuten will dafür sorgen, dass die bislang kaum sichtbaren Jusos im Unterbezirk Dresden-Elbe-Röder zukünftig ähnlich wirbeln wie die Junge Union und die Jungliberale Aktion bei CDU und FDP. Eine Protestaktion gegen die Jugendhilfe-Politik der bürgerlichen Stadtratskoalition soll am 2. November den Auftakt der neuen Ära bilden. Ein neuer Vorstand soll drei Wochen später stehen.
Mögliche Kandidaten für Vorstandsposten sind die Politik-Studenten Sabine Friedel (26), Dirk Engelmann (25) und Andreas Endler (28). Engelmann mischte bereits 1994 im Landtagswahlkampf mit und gehört jetzt zur Mannschaft um
Karl Nolle. Mit Friedel arbeitete er schon im Europa-Wahlkampf 1999 für SPD-Kandidat Bernd Kunzmann zusammen. An der Wiederbelebungsaktion beteiligt sich auch die Vize-Chefin der sächsischen SPD, Susan Rüthrich, 1999 Friedels und Engelmanns Wahlkampfkollegin. Im Juso-Alter bis 35 Jahre sind in Dresden rund 100 SPD-Mitglieder.
Der Zeitpunkt hängt zumindest indirekt mit der OB-Wahl 2001 zusammen. Mit Nolle werde es ganz einfach spannend, ist zu hören. Zugleich aber gebe es Handlungsbedarf bei der Jugendhilfe. Bei einem Bedarf von 20 bis 24 Millionen Mark und nur 13,6 Millionen im Haushalt müsse man kein Rechenkünstler sein, um die Lücke zu erkennen, meint Endler.
Ihre Haltung will die Gruppe mit einer "Jericho"-Aktion öffentlich machen, wenn der Jugendhilfeausschuss des Stadtrats am Donnerstag tagt. "Wir wollen symbolisch die Mauern des Rathauses zusammenblasen", sagt Engelmann und kündigt Parteipromis wie Staatsminister Rolf Schwanitz und SPD-Unterbezirkschefin Marlies Volkmer als Starthelfer an. Junge Union (JU) und Jungliberale Aktion (Julia), die Gegenstücke bei CDU und FDP, sorgen seit Jahren für Aufsehen. Die JU (derzeit rund 200 Mitglieder) trommelte für den Sachsen-Finanzverband und beim Bürgerentscheid für die AF17, forderte im Wahlkampf 1999 in einer eigenen Plakatserie "Schluss mit Justig". JU-Chefin Aline Fiedler gilt nicht nur in der CDU als fähige Organisatorin.
Die knapp 100 Julia-Leute luden im Wahlkampf zum Staufrühstück, haben gute Kontakte nach Berlin, sorgten jüngst für ein Großplakat zum Ausbau der Königsbrücker Straße am Albertplatz. Zwei junge Liberale führen den FDP-Landesverband.
Juso Engelmann will nicht von Bewunderung für die Konkurrenz sprechen, schätzt aber deren Arbeitsweise: "Davon sollten wir uns viel abschauen."
Karl Nolle, Mitte der 70er mit Gerhard Schröder das Führungsduo im Juso-Bezirk Hannover, begrüßte das neue Engagement als "wesentliche Verstärkung". Für das bisherige Schattendasein der Jusos macht er auch verknöcherte Strukturen verantwortlich. Anders als CDU und FDP hatte die SPD bei den Kommunalwahlen keine neuen, jüngeren Gesichter in den Stadtrat gebracht.
(von Stefan Alberti)