Sächsische Zeitung, 23.11.2000
Aufbau-Chef Martin will neuer OB werden
Ein zweiter SPD-Kandidat bietet Nolle Paroli
DRESDEN. Unternehmer
Karl Nolle (SPD) bekommt Konkurrenz aus den eigenen Reihen. Nachdem der SPD-Stadtausschuss Nolle als OB-Kandidaten empfohlen hat, schlägt der SPD-Ortsverein Plauen/Coschütz jetzt einen zweiten Kandidaten vor. Am Montagabend stimmte er mit zehn Ja-, sechs Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen für Reinhard Martin (Foto), Chef der Aufbaugesellschaft Prager Straße (AGP). Damit stehen die SPD-Mitglieder am 6. Januar vor der Entscheidung, ob sie Nolle oder Martin in den Wahlkampf schicken.
Zwar hatte die Vorsitzende des SPD-Unterbezirkes, Marlies Volkmer, vor kurzem versichert, dass die SPD mit Nolle geeint in die OB-Wahl gehe. Doch offenbar ist es damit nicht weit her. Viele SPD-Mitglieder haben nicht nur mit der Person Nolles Probleme, sondern auch mit der Art und Weise, wie ihr OB-Kandidat ausgewählt wurde.
Die Aufstellung Martins als zweiten Kandidaten ging nicht ohne Querelen ab. Schon im Oktober hatte der Ortsverein für ihn gestimmt. Doch der SPD-Vorstand erklärte den Beschluss für nichtig, weil er nicht auf der Tagesordnung stand. Ortsvereins-Mitglied Siegmar Baumgärtel bezweifelt, dass der Vorstand dazu berechtigt war. "Es ging ja noch nicht um die Wahl, sondern nur um einen Kandidaten-Vorschlag", sagt er. Die Wiederholung der Abstimmung endete am Montag erneut mit einem Votum für Martin, obwohl Nolle zuvor ausgiebig für sich geworben hatte.
Martin (52) ist gebürtiger Dresdner, studierte an der TU Bauingenieurwesen und promovierte. Nebenbei betrieb er Leistungssport, gewann 1973 bei der Europameisterschaft im Rudern. 1991 trat er in die SPD ein, saß für seine Partei von 1994 bis 1997 im Stadtrat und schied dann wegen seiner Cheftätigkeit für die AGP freiwillig aus.
PDS: Vom Regen in die Traufe
"Ich denke, dass ich in kommunalen Dingen bessere Voraussetzungen als Nolle mitbringe", sagt Martin. Die Probleme, die die AGP bei der Vermarktung des Wiener Platzes hat, sieht er nicht als Negativ-Werbung an. "Bis zur Wahl werden dort drei Investoren bauen", sagt er.
Martin will sich als OB dafür einsetzen, dass die Entwicklung Dresdens schneller vorangeht. "Waldschlösschen- und Flügelwegbrücke - das dauert alles viel zu lange", meint er. PDS und Bündnisgrüne glauben allerdings, mit Martin nur vom Regen in die Traufe zu kommen. "Erstens ist er genau wie Nolle Parteikandidat", sagt PDS-Chef Michael Schrader. "Und zweitens trauen wir auch ihm nicht zu, die Wahl zu gewinnen." Insofern käme er als Bündniskandidat nicht in Frage.
(von Katrin Saft)