Karl Nolle, MdL

DNN, 30.12.2000

Vor OB-Kandidatenwahl bei SPD: Nolle hält den Ball flach

Sozialdemokraten benennen nächste Woche ihren Wagner-Gegner
 
DRESDEN. Sherlock Holmes löst einmal einen Fall, weil ihm auffällt, dass nichts passiert, ein Hund nicht bellt. Dresden wird in den nächsten Tagen in der politischen Arena ein solches Un-Szenario erleben: Eine Woche ohne Karl-Nolle-Aktion obwohl die SPD am nächsten Sonnabend ihren Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl wählt und sich zwischen Karl Nolle, Landtagsabgeordneter und Druckunternehmer, sowie Reinhard Martin, Chef der Aufbaugesellschaft Prager Straße (AGP), entscheiden muss.

Hing noch in den jüngsten Wahlkämpfen schier an fast jedem Baum im Nolle-Wahlkreis Striesen ein Plakat mit seinem Gesicht, marschierte er bei einer Demo des Parteinachwuchses mit ums Rathaus, zog er zuletzt noch mit dem Nikolausschlitten durch die Stadt, so will Nolle in den letzten Tagen vor der Entscheidung bei der SPD den Ball flach halten. Ihm fiele zwar Vieles ein, "aber das ist nicht unbedingt opportun."

Er war nicht davon ausgegangen, dass es einen zweiten Kandidaten geben würde, als ihn der Stadtausschuss der Partei Anfang Oktober nominierte. "Das Problem ist, dass wir schon lange Wahlkampf machen wollten, aber durch die parteiinterne Entwicklung daran gehindert werden", sagte Nolle. Gemessen an seinem sonstigen Aktionseifer hielt er sich gestern bedeckt, als er mit Blick auf die nächste Woche sagte: "Ich tue gar nichts." Keine Telefonaktionen bei den über 500 stimmberechtigten Mitgliedern, keine Wahlbriefe "die Sachsen lieben es nicht, wenn man zu aufdringlich ist. In Nordrhein-Westfalen wäre das anders."

Eine Ansicht, die auch Marlies Volkmer vertritt, Nolles Landtagskollegin und Chefin des SPD-Unterbezirks Dresden-Elbe-Röder: Die Mitglieder würden sich von solchen Aktionen gedrängt fühlen. "Ich glaube auch nicht, dass das notwendig ist", sagte Volkmer, die seine Kandidatur unterstützt. Sie geht von einem deutlichen Ergebnis aus, Nolle erwartet eine "sichere Mehrheit". Auf konkretere Prozente-Schätzungen mochten sich beide nicht einlassen. Aus der Landtagsfraktion verlautete, Nolle könne schon mit einem knappen Erfolg zufrieden sein. Auch dort war er in die Kritik geraten, als er Ministerpräsident Kurt Biedenkopf beim Sebnitzer Joseph-Fall angegangen war.

Nolle hat gerade beim wieder erwachten Parteinachwuchs, den Jusos, viel Unterstützung. Die hoffen auf einen interessanten, mit modernen Methoden geführten Wahlkampf, wie ihn der Landtagsmann bieten will sein Büroleiter schaute zur US-Präsidentschaftswahl noch bei den Demokraten vorbei. Andere Parteimitglieder hingegen sehen seine Aktionen als fortwährende Selbstinszenierung.

Reinhard Martin, bis 1997 Stadtrat und seither als AGP-Geschäftsführer zuständig für die Entwicklung am Wiener Platz, hat seinen Rückhalt vor allem im Ortsverein Plauen/Coschütz. Die dortigen Genossen hatten ihn bei einer Mitgliederversammlung im November mehrheitlich vorgeschlagen. Weder Volkmer noch Nolle wollen versucht haben, Martin dazu zu bewegen, seine Kandidatur zurückzuziehen. Martin selbst war gestern nicht zu erreichen.
(von Stefan Alberti)

Karl Nolle im Webseitentest
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