Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 06.02.2001

"Lauheit ist eine Todsünde"

Was Dresdner Künstler über eine Kandidatur von Wolfgang Berghofer denken
 
DRESDEN. Der virtuelle OB-Kandidat Wolfgang Berghofer hält Dresden weiter in Atem. Während ihn Wirtschaftsleute überwiegend ablehnen (siehe SZ vom 10. Januar), kann er aus der Kunst- und Kulturszene mit manchem Bonus-Punkt rechnen.
Die Gerüchteküche um Wolfgang Berghofer brodelt. Zwar soll er fest entschlossen sein, als OB zu kandidieren. Doch wann er sich bekennt, wolle er selbst bestimmen.
Unter Dresdens Künstlern ist der letzte DDR-OB umstritten, wie eine SZ-Umfrage zeigt. Da gibt es die Nichtssager, die sich um das heikle Gegenwartsstück herummogeln. "Kein Kommentar zu Berghofer", sagt Kammersänger Peter Schreier nur. Auch im Schauspielhaus zähmt man lieber Widerspenstige, als sich die Zunge zu verbrennen.
Brettl-Chef Friedrich-Wilhelm Junge indes nutzt die Blume und zitiert: "Das Gegenteil von Können ist gut gemeint." Und für alle, die es nicht verstanden haben, verweist er auf den Himmel und sagt: "Der liebe Gott liebt die Heißen und die Kalten. Lauheit ist eine Todsünde!"
Noch deutlicher wird Telefonbuch-Leser Olaf Böhme: "Berghofer versteht die Stadt, und die Stadt versteht ihn", sagt der Schauspieler. Auch Manfred Breschke outet sich als Berghofer-Befürworter. "Ich spreche dem Mann Kompetenz zu", sagt der Kabarettist. "Vieles in der Wende wäre nicht so abgelaufen, wenn ein Beton-Kopf an seiner Stelle gesessen hätte." Der Lach-König ist überzeugt, dass Berghofer nicht umsonst Wirtschaftsberater wurde. "Dresden wäre mit ihm gar nicht schlecht beraten", meint er.
Konzertmanager Bernd Aust hält eine Kandidatur des parteilosen Berghofers nicht nur für wünschenswert, sondern "für eine dringend nötige Alternative, weil die Mehrheitsfraktion im Stadtrat die Einparteien-Herrschaft der CDU anstrebt." Im übrigen verbitte er sich Belehrungen und Wahlanweisungen von Feierabendpolitikern. "Ich glaube, die Dresdner sind mündig und in der Lage selbst zu entscheiden, wer für sie als OB in Frage kommt", sagt Aust, der einst für die Bürgerfraktion im Stadtrat saß.
Ilse Bähnert alias Tom Pauls könnte sich beim Thema Berghofer glatt schwarz ärgern. "Es ist so peinlich, dass in dieser Stadt kein anständiger Gegenkandidat zu Wagner gefunden wird", sagt Pauls. Das liege am Zustand der Opposition.
Zu den bekennenden Berghofer-Gegnern gehört Stadtmuseums-Chef Matthias Griebel. Warum, will der Ur-Dresdner aber nicht sagen. "Dann müsste ich länger ausholen", erklärt er. Der Baudirektor für Dresdens Einheitssymbol Frauenkirche bringt es auf den Punkt: "Mit so einer Vergangenheit verbietet es sich, noch mal zu kandidieren", sagt Eberhard Burger, der Berghofer noch aus DDR-Zeiten kennt. Für ihn sei eine Unterstützung undiskutabel. Auch Uwe Steimle meint mit kommissarischem Nachdruck: "Der Mann hat seine Chance gehabt." Nun müsse etwas Neues her. Musik-Professor Günter "Baby" Sommer gesteht Berghofer zwar mehr Glaubwürdigkeit als Modrow zu. "Aber er verkörpert die Vergangenheit und nicht die Zukunft", sagt er. Deshalb solle er sich nicht wieder in die erste Reihe drängeln.
Wie man sich den ganzen Streit ersparen könnte? Kabarettist Wolfgang Schaller hat ein Patentrezept: "Bitte, liebe Bürger, wählt keinen neuen OB", empfiehlt der Intendant der Herkuleskeule. "Denn der macht vielleicht aus Dresden eine Weltstadt, und dann wäre unsere ganze sächsische Gemütlichkeit dahin! Es sei doch bisher so schön vorangegangen, findet er. "Nach achtjähriger Diskussion über eine Brücke sind sich unsere Stadthalter einig: Sie soll über die Elbe führen."
(Katrin Saft)

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