Karl Nolle, MdL

DNN, 13.02.2001

"Ich will der Kandidat der Bürger sein"

Talk-Show-Moderator Mario Thiel bietet sich als Bewerber für Oberbürgermeisterwahl an
 
DRESDEN. Er will sich nicht einbinden und vor niemandes Karre spannen lassen, er will ein Bewerber sein, "den die Bürgerinnen und Bürger der Stadt vorschlagen": Mario Thiel, 31 Jahre, seit 1985 in Dresden, Beleuchter an der Semperoper, nebenher Talkshow-Moderator und Kabarettist, bietet sich als Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl an.

"Sollte die Resonanz zahlreich und überwiegend positiv sein, dann wäre es meine Pflicht anzutreten", sagte er gestern und verwies auf erste Meinungen im Gästebuch seiner Internetseite. Zahlreich? "Wenn da plötzlich tausende Einträge sind, dann würde mich das schon zum Nachdenken bringen."

In einer Zeitschriftenkolumne hat er über eine eigene Kandidatur gewitzelt. Daraus sei nach einigen Gesprächen Ernst geworden. "Ich weiß um den Anschein eines Werbegags", sagt er. Skandalkünstler Christoph Schlingensief hatte 1998 zur Bundestagswahl die Partei "Chance 2000" gegründet. Sein Ziel damals: Das Volk solle zeigen, dass es noch da ist. In diese Richtung stößt auch Thiel, der seit 1997 die Talk-Runde "Dresdner Profile" und seit Oktober im Kabarett Breschke & Schuch den Schmidt-Show-Verschnitt "Vorsicht! Thiel" moderiert. Er finde es schizophren, dass in der Revolutionsstadt von 1989 immer öfter zu hören sei: "Kannst Du ja doch nicht ändern". Er beklagt Lethargie, die Leute seien sich ihrer Kraft, die auch die Wende ermöglichte, nicht mehr bewusst.

Thiel will das ändern, will eine Alternative bieten. Das hat auch die Bürgerinitiative "OB für Dresden" im Sinn. Mit der will er nicht gesprochen haben, die kungele auch schon. Ob Initiative oder Bündnis, er mag sich nicht einspannen lassen: "Ich will der Kandidat der Bürger sein."

Über OB Herbert Wagner sagt er: "Ich würde mir nicht anmaßen, ihn fachlich zu kritisieren." Aber: "Das ist kein Typ". Seine OB-Kompetenz sieht Thiel darin, "dass ich in der Stadt lebe". Berufspolitiker mit 15-Stunden-Tag haben nach Thiels Meinung dazu kaum die Möglichkeit.

Falls Berghofer antritt, will er allerdings nicht kandidieren. Nicht weil er Berghofer-Fan sei - er habe bei den vergangenen Wahlen meist für die SPD gestimmt. Aber: "Meine vielleicht 10.000 Stimmen sollen nicht für oder gegen jemanden entscheiden."
(von Stefan Alberti)

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