DNN, 14.03.2001
Ein Gelber bei den Roten
PDS gibt Berghofer noch zwei Wochen Zeit
DRESDEN. SPD-rot die Krawatte, das Jacket mit einem leichten Schuss ins Grünliche. Ein Bündniskandidat muss bunten Interessen gerecht werden, vor allem, wenn er FDP-gelb ist. Zumindest äußerlich hatte Ingolf Roßberg damit keine Probleme, als er sich jetzt der Basis der Sozialdemokraten stellte. Als "Sozialliberaler" wurde er begrüßt - er, der Kandidat der Bürgerinitiative "OB für Dresden", der für die SPD, wahrscheinlich die Grünen, vielleicht auch FDP und PDS Herbert Wagner als Oberbürgermeister ablösen soll. Beifall bekommt er durchweg bei seinem Besuch, von linkeren wie von konservativeren Genossen.
Das konkrete Roßberg-Programm soll es Anfang April geben, dann auch auf einer Internetseite mit seinem Namen. Bei der SPD beschränkt er sich weitgehend darauf, seinen Politikstil zu beschreiben. Bürgernähe kündigt er an. Mit ihm als OB soll es regelmäßige Sprechstunden in den Stadtteilen geben, zudem alle sechs Wochen einen "Treffpunkt Rathaus".
Er antwortet gelassen, als SPD-Genossen detailliert ihre Spezialinteressen vorbringen, will dieses beherzigen, macht sich zu jenem Notizen. Er lässt Pausen, betont zentrale Satzteile. Es ist nicht der Roßberg, der bis 1999 in oft bissiger Form im Stadtrat agierte. "Der hat mit Sicherheit Rhetorik-Unterricht gehabt", ist von einem Genossen zu hören.
Parteichefin Marlies Volkmer hofft an diesem Abend nicht ohne Grund, dass SPD, Bürgerinitiative und wohl auch Grüne nicht allein im Bündnisboot bleiben. Denn bei der PDS ist die Option, wie 1994 mit der früheren Parteichefin Christine Ostrowski anzutreten, offenbar vom Tisch. Dem Phantomkandidaten und Ex-OB Wolfgang Berghofer gibt die Partei-Spitze noch zwei Wochen Zeit bis Ende März. Dann müsse es Klarheit über eine Kandidatur geben. Berghofer selbst war gestern wie üblich nicht zu sprechen. "Wenn er nicht kommt, werden wir Roßberg unterstützen auf Teufel komm raus", sagte Ostrowski den DNN. Offiziell entscheidet sich die PDS am 28. April.
Eine Woche vorher tagen dazu die Liberalen. Ihr Altstadt-Ortsbeirat Günther Thal saß beim Roßberg-Besuch unter den SPD-Genossen. Nach einem langen Händedruck mit dem Kandidaten sagte Thal den DNN, es sei noch nicht entschieden, ob sich die Dresdner FDP tatsächlich gegen Roßberg stellt - wie es Stadtrat Jan Mücke fordert. Thal ist Vertrauter von FDP-Promi und Ex-Minister Rainer Ortleb, der seine Parteifreunde im vergangenen Jahr mit pro-Berghofer-Äußerungen verärgerte.
Unterdessen kursiert das Szenario, dass Berghofer erst im zweiten Wahlgang am 24. Juni antritt. Nach der Gemeindeordnung ist der zweite Durchgang fällig, wenn im ersten kein Kandidat mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen bekommt. Dann ist die Bewerberliste, die vorerst am 14. Mai schließt, wieder für neue Namen offen. "Das wäre taktisch klug, und dadurch würde er sich auch die kompletten Wahlkampfkosten sparen - ihn kennt ja ohnehin fast jeder", äußerte sich ein Beobachter.
(Stefan Alberti)