Karl Nolle, MdL

DNN, 20.03.2001

FDP-Spitze für Roßberg - Ärger in der Koalition

CDU-Fraktionschef Grötsch sieht "Doppelzüngigkeit"
 
DRESDEN. Die Rückendeckung der FDP-Spitze für Ingolf Roßberg, den Oberbürgermeisterkandidaten der Bürgerinitiative "OB für Dresden", belastet die bürgerliche Stadtratskoalition und die FDP/DSU-Fraktion. CDU-Fraktionschef Michael Grötsch hält es für "bedenklich", dass der Kreisvorstand der Liberalen sich jetzt hinter den Wagner-Herausforderer gestellt hat. Die FDP-Chefetage empfiehlt ihrer Basis, Roßberg beim Parteitag am 21. April zu unterstützen. Die FDP-Vertretung im Stadtrat ist dazu gespalten: Fraktionschef Jan Mücke ist gegen, Tino Wolter für Roßberg. "Wir haben im Koalitionsvertrag nicht den OB festgeschrieben", sagte Wolter, wie Mücke Vorstandsmitglied.

"Das halte ich für keinen freundlichen Akt", sagte Grötsch zur Haltung der FDP-Spitze und sprach von "Doppelzüngigkeit". Er ließ erkennen, dass die FDP kaum den von ihr geforderten Dezernentenposten erhalten wird, wenn sie Roßberg gegen OB Wagner unterstützt. "Man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen", sagte er. Der Fortbestand der Koalition soll jedoch nicht davon abhängen, wie sich die FDP im April entscheidet.

Unterstützt die liberale Basis dann Roßberg, könnte das auch innerhalb der fünfköpfigen Fraktion zum Problem werden. Deren Fünferbund bilden je zwei Stadträte der FDP und der DSU sowie der Parteilose Franz-Josef Fischer von der Wählervereinigung Freie Bürger.

Die DSU als Sachsen-Version der CSU hat sich nach Angaben ihres Chefs Jürgen Schwarz, entschieden, OB Herbert Wagner zu unterstützen. Die Fraktion sah Schwarz dennoch nicht gefährdet, "weil die Zusammenarbeit gut funktioniert". Man werde "mit aller Kraft versuchen, die Fraktion und das Bündnis mit der CDU aufrecht zu halten", sagte Schwarz. Der CDU-Fraktion reichen zur Mehrheit im Stadtrat zwei zusätzliche Stimmen.

Stadtrat Fischer von den Freien Bürgern, eher CDU-nah, sprach von einer "unglücklichen Situation" und mochte sich zur Frage der weiteren Fraktionsmitgliedschaft nicht äußern. Seine Wählervereinigung kam gestern Abend zu einer Krisensitzung zusammen. "Roßberg ist nicht unser Kandidat", sagte Fischer.

Fraktionschef Mücke hatte sich in der Vergangenheit mehrfach für einen eigenen OB-Kandidaten der FDP ausgesprochen. Er hatte dabei stets erkennen lassen, dass es ihm dabei nicht darum ging, die Chancen von CDU-Mann Wagner zu schmälern, sondern im ersten Wahlgang das liberale Fähnlein hoch zu halten. Mücke fürchtet um die Koalition und den FDP-Anspruch auf einen Dezernentenposten in der Stadtspitze. "Ich bin nicht bereit, die Arbeit der letzten beiden Jahre über die Wupper gehen zu lassen", sagte er gestern in Anspielung auf Roßberg, der seit September als Dezernent in Wuppertal arbeitet.

FDP-Kreischef Arno Schmidt hatte bislang ausgeschlossen, dass seine Partei bei der OB-Wahl in einem Boot mit der PDS sitzen könnte. Ob die aber Roßberg unterstützt, klärt sich erst eine Woche nach dem FDP-Parteitag bei einer PDS-Mitgliederversammlung. Schmidt sah eine neue Situation: Es gehe ja nicht um ein Bündnis, in dem PDS und FDP vereint wären. Vielmehr erklärten einzelne Parteien ihre Unterstützung für einen Kandidaten, den eine Bürgerinitiative aufstelle. Er wies darauf hin, dass die Roßberg-Empfehlung unter Vorbehalt des Wahlprogramms gilt, das Anfang April vorliegen soll: "Da wollen wir uns als FDP schon drin wieder erkennen können." Die SPD steht seit Anfang März offiziell hinter Roßberg, die Grünen wollen sich am 7. April entscheiden.
(Stefan Alberti)

Karl Nolle im Webseitentest
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