Sächsische Zeitung, 26.10.2009
Die bürgerliche Schuldenregierung
Kommentar von Peter Heimann
Man reibt sich die Augen und staunt: Will da tatsächlich eine sich selbst bürgerlich nennende Koalition aus Union und FDP regieren oder ist etwa Oskar Lafontaine heimlich durch die Hintertür mit an die Macht gekommen? Was die schwarz-gelben Tigerenten jetzt als Programm vorgelegt haben, ist Nachfragepolitik pur, wie sie vor der Wahl eigentlich nur die Linke propagiert hat.
Wer ein Kurzzeitgedächtnis hat, wird sich erinnern: Die Kanzlerin hat bis zum Wahltag immer erklärt, Steuersenkungen seien erst nach der Krise möglich, und zwar aus Gerechtigkeitsgründen. Jetzt will Merkel die Steuern auf Pump senken: angeblich, um das Wachstum anzukurbeln. Dafür nimmt die Regierung Milliardenschulden außerhalb des Haushaltes auf und nennt die auch noch dreist Sondervermögen.
Nicht erkennbar ist, ob der Merkelsche Sinneswandel auf Erkenntnisgewinn beruht oder nur auf machttaktischer Prinzipienlosigkeit. Für Letzteres spricht die scheinbar wahllose steuerliche Bevorteilung. Abgesehen davon, dass man besser mehr für Bildung oder ein unentgeltliches Mittagessen getan hätte. Die Kinder, die jetzt tatsächlich in den Genuss der Kindergelderhöhung kommen, werden sie als Erwachsene mit Zinseszins zurückzahlen müssen. Und was Nichten und Neffen als Erben für den Aufschwung tun sollen, weiß ohnehin niemand.
Der Segen der Wohltaten wird nicht anhalten. Eher früher als später muss auch Schwarz-Gelb sparen und kürzen: Das Hick-Hack um die Gesundheitskosten lässt veimuten, wem die Rechnung präsentiert wird. Otto Normalbürger möchte man zurufen: Zieh dich schon mal warm an!