Karl Nolle, MdL

Agenturen dapd, 17:48 Uhr, 11.10.2011

Gutachten: Zweifel an Zulässigkeit der Extremismus-Klausel

Landtags-Juristen sehen Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot
 
Dresden (dapd-lsc). Die umstrittene Demokratieerklärung in Sachsen sorgt weiter für Wirbel. Der juristische Dienst des Landtags bezweifelt in einem am Dienstag in Dresden bekannt gewordenen Gutachten die Zulässigkeit der Klausel. Die Erklärung sei «sachlich nicht gerechtfertigt», um zwischen verschiedenen Antragstellern zu unterscheiden und verstoße gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot, heißt es in dem Papier. Grüne und SPD forderten die Landesregierung auf, umgehend auf die auch als Extremismusklausel bekannte Erklärung zu verzichten. Das Innenministerium lehnt dies ab. >>> PDF Gutachten des Juristischen Dienstes

Vereine müssen die Klausel unterzeichnen, wenn sie Zuschüsse aus dem Förderprogramm «Weltoffenes Sachsen» erhalten wollen. Die Grünen, die das Gutachten beantragt hatten, sprachen von einer «heftigen Ohrfeige» für Innenminister Markus Ulbig (CDU). Der Grünen-Landtagsabgeordnete Miro Jennerjahn erklärte, «neben der politischen Absurdität gab es auch immer schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken, die jetzt bestätigt wurden».

Bereits zuvor hatten Juristen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Klausel geäußert. Kritik kommt auch von betroffenen sächsischen Vereinen. Diese sehen sich einem Generalverdacht ausgesetzt.

Ministerium will an Praxis festhalten

Das Innenministerium kündigte eine Prüfung des Gutachtens an, will vorerst aber an der Praxis festhalten. Die Erklärung solle verhindern, dass Extremisten und Feinde der Demokratie Fördergelder erhielten, sagte ein Sprecher Ulbigs der Nachrichtenagentur dapd. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass diejenigen, die für ihre Arbeit Steuergelder erhielten, «auch auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und sich zu den Werten unserer Demokratie bekennen», fügte er hinzu. «Alles andere wäre absurd.»

Sachsen fördert Demokratieprojekte mit Mitteln aus dem Landesprogramm. Dafür stehen nach früheren Angaben in diesem Jahr knapp zwei Millionen Euro zur Verfügung. Der Ministeriumssprecher verwies darauf, dass bislang von rund 100 Projekten zwei die Erklärung nicht unterzeichnet hätten. Die «angebliche Verunsicherung bei den Projektträgern» könne man nicht feststellen. Die Opposition solle aufhören, das erfolgreiche Förderprogramm «öffentlich schlecht zu reden».

Wie die Grünen forderte auch die SPD die CDU/FDP-Regierung auf, die Klausel zu streichen. Der SPD-Abgeordnete Henning Homann sagte, die Betroffenen dürften nicht länger unter Generalverdacht wegen vermeintlich antidemokratischer Umtriebe gestellt werden. «Wir fordern die Staatsregierung auf, das Vertrauensverhältnis zwischen dem Freistaat Sachsen und der engagierten Zivilgesellschaft auf eine neue Grundlage zu stellen.» Es sei schon genug Schaden angerichtet worden.

Von Lars Rischke 

dapd/lr/kos /1
111748 Okt 11

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