BILD-Zeitung, 06.04.2001
SPD-Nolle zur Putzfrauen-Affäre
Keiner will Biedenkopfs Verdienste schmälern, aber ...
DRESDEN. Sächsischer Landtag. Der SPD-Abgeordnete
Karl Nolle (55) trifft ein paar CDU-Abgeordnete. Kein Gruß, kein freundlicher Blick wie sonst. Die Schwarzen wollen den Sozi nicht mehr sehen. Denn er hat mit seinen Anfragen an die Staatsregierung die so genannte "Putzfrauen-Affäre" des Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (71, CDU) und seiner Ehefrau Ingrid (69) losgetreten. "Die CDU-Abgeordneten blicken durch mich hindurch", sagt Nolle, "werfen mir Majestätsbeleidigung vor, weil ich am Lack des Denkmals Biedenkopf gekratzt habe."
Der Oppositionspolitiker nimmt es gelassen: "Herr Biedenkopf hat als MP viel für Sachsen geleistet. Das will ihm niemand absprechen, niemand verübelt ihm Privilegien. Aber er kann mit seinen rund 400 000 Mark Gehalt doch wirklich eine Putzfrau bezahlen! Oder einen angemessene Miete in der Gästevilla. Der braucht doch nur einen seiner Vorträge für 10 000 Mark mehr zu halten. Dann sind die Kosten wieder drin."
Die Wohnung sei Biedenkopf unter Marktwert vermietet worden - Putzfrau und Koch inklusive. "Hat Biedenkopf diesen geldwerten Vorteil auch ordnungsgemäß versteuert?" fragt Nolle. "Und steht ihm überhaupt eine Dienstwohnung zu? Er muss als MP in Sachsen mit erstem Wohnsitz gemeldet sein. Also ist es seine Privatwohnung, die er sich subventionieren ließ."
Nolle will im Parlament auch klären lassen, ob Biedenkopfs Stieftochter mit ihrem Mann anderthalb Jahre mit im Gästehaus wohnte. Auch zu Sonderkonditionen?
Nolle: "Ich erwarte Ehrlichkeit und Anständigkeit von Biedenkopf. Was für jeden kleinen Amtsboten in Sachsen gilt, muss ganz besonders für den Ministerpräsidenten und seine Gattin gelten."
(Dieter Schlüter)