Freie Presse Schwarzenberg, 25.10.2000
Motivation zu Leistung und Erfolg
SPD-Forum zur "Mitarbeiterbeteiligung" - Mitdenken und Selbstständigkeit gefragt
SCHWARZENBERG. "Mitarbeiterbeteiligung" war Thema eines Forums, zu dem die SPD für Montagabend in den "Neustädter Hof" einlud. Bevor
Karl Nolle, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, dazu seine Erfahrungen als Unternehmer referierte, stand Contanze Krehl, Landesvorsitzende der Sozialdemokraten, für Fragen der knapp 30 Interessenten zur Verfügung.
Volkmar Rass, Unternehmer aus Schönheide, hatte konkrete Probleme, die er der SPD-Landeschefin, die auch Europaabgeordnete ist, vortrug. Vom Einzelfall entwickelte sich eine Diskussion zu allgemeinen Problemen, auf die Unternehmer immer wieder stoßen. Ein Ansatz war die europaweite Ausschreibungsregelung, die zur Folge haben kann, dass Aufträge ins Ausland gehen, weil sie dort preiswerter realisiert werden. Einerseits sieht Krehl dabei noch Lücken, die gerade in Sachsen hinsichtlich der Vergabe an einheimische Produzenten und Unternehmen zu schließen wären. Andererseits verwies sie auf nötige Flexibilität, die sich auch in der Orientierung auf mehrere Standbeine zeige. Als positives Beispiel, wie mit Ausschreibungen auch umgegangen werden könne, nannte die SPD-Frau den Freistaat Bayern. Dort würden einheimische Firmen bei der Vergabe von Aufträgen bevorzugt behandelt. Natürlich dürfe man dabei aber nicht vergessen, dass der Faktor Arbeit in Deutschland teuer ist.
An diese Diskussion konnte
Karl Nolle mit Bezug auf Mitarbeiterbeteiligung anknüpfen. In den neuen Bundesländern lägen auch dazu besondere Bedingungen vor. Auf dem Weg von der Industrieproduktions- zur Dienstleistungs-, Medien- und Wissensgesellschaft ist laut Nolle die klassische Arbeitsgesellschaft dem Untergang geweiht. Sogenannte Jedermanns-Arbeitsplätze, an die man in kürzester Zeit herangeführt werden kann, fallen mehr und mehr weg. Dadurch ändere sich auch der Charakter der Arbeit hinsichtlich der verlangten Fähigkeiten. Befehl und Gehorsam, wie es Nolle nannte, verlieren an Bedeutung. Von Mitarbeitern werde Mitdenken und selbständiges Lösen von Problemen verlangt. Die zentrale Frage sei daher die Frage nach Motivation. Laut Nolle geht die Entwicklung in den nächsten 15 Jahren dahin, dass 50 Prozent des Lohnes für Anwesenheit gezahlt werden. Die restlichen 50 Prozent gebe es für erbrachte Leistung und Erfolg. "Nur Betonköpfe seitens der Unternehmen wollen am alten System festhalten", erklärte Nolle provokativ.
Motivation könne man auch durch die Beteiligung der Mitarbeiter an der Firma erzeugen. Für Nolles Dresdner Unternehmen, 1997 wurde dort die Mitarbeiterbeteiligung eingeführt, bedeute das niedriger Krankenstand und großes Engagement der Beschäftigten. Mitarbeiterbeteiligung heißt aber für Nolle auch, dass trotzdem der Geschäftführer das Sagen hat. Ansonsten würde man Gefahr laufen, dass alles zerredet wird.
Einwände hinsichtlich des Besitzdenkens der Unternehmer weist er zurück, indem er sagt: was gehört einem denn wirklich. Auf die Maschinen läuft ein Kredit, das Auto gehört der Bank und auch der Ausbau der Firma wurde über Kredite finanziert. Im Endeffekt bleibe es sich zumindest unter dem Besitzaspekt gleich.
(Katja Lippmann)