Zensierte Hausarbeiten - noch ein Minister, der die Wissenschaft bändigen will
Juristische Sachverhalte, Gesetze und Verordnungen sind normalerweise eine recht trockene Angelegenheit. Etwas lebendiger ging es im Frühjahr 2002 an der Juristischen Fakultät der TU Dresden zu. Der Jura-Professor Jochen Rozek stellte in einer Hausarbeit die Aufgabe, ein fiktives "Gesetz zur Widerherstellung der Achtung vor der Sächsischen Staatsregierung" auf seine Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Die Idee zu diesem Gesetz kam dem Juristen nach einem Jahr zahlloser Medienberichte über Skandale um Ministerpräsident Biedenkopf. Der fiktive Entwurf sah in §2 vor, dass die Presse "in ihrer Berichterstattung [...] die Tätigkeit der Sächsischen Staatsregierung positiv würdigen" soll. "Unzulässig" sollte es dafür sein, "negative Kritik zu üben".
Rozeks Hausaufgabe war keinesfalls unüblich. Es gehört zu den Lehrinhalten, dass sich Jura-Professoren fiktive Gesetze ausdenken, um sie von ihren Studenten prüfen zu lassen. Dieses Beispiel allerdings zog sich Wissenschaftsminister Meyer persönlich auf den Tisch. Er prüfte gleich den gesamten Vorgang und drohte dem Wissenschaftler mit dienstrechtlichen Konsequenzen. Der Minister hatte offensichtlich verkannt, dass nicht eine solche Aufgabe das Problem in Sachsen ist. Er störte sich wohl mehr an der Tatsache, dass ein Bezug der abstrakten Aufgabe zu den sächsischen Tatsachen der Amts- und Haushaltsführung von Ministerpräsident Biedenkopf hergestellt werden konnte.