Ein Bürgermeister, der den Überblick verlor
Man könnte ihn als Perle bezeichnen, denn Bürgeranliegen sind beim Zschopauer Oberbürgermeister Baumann Chefsache - zumindest die, auserwählter Bürger. Für sie unterschreibt er Fluthilfeanträge innerhalb von 14 Minuten ohne Prüfung. So geschehen im Falle der damaligen Ministerin Weber, der er "das Vorliegen von Voraussetzungen für die Beseitigung von Schäden durch das Hochwasser der Elbe und ihrer Nebenflüsse" mit Siegel bescheinigt, allerdings ganz offensichtlich mit geschlossenen Augen. Ein typischer Fall von Amigo-Wirtschaft, denn der Amigo-OB von Zschopau hat ausschließlich im Fall von Christine Weber so gehandelt. Prüfungen wegen Dienstpflichtverletzung dauern an, ebenso ein beamtenrechtliches Vorermittlungsverfahren des Landratsamtes Marienberg.
Fragen, wie viele Verfahren bis heute gegen den Zschopauer Oberbürgermeister eingeleitet wurden und welche durch Zahlung einer Geldbuße oder wegen geringer Schuld eingestellt wurden, wollte oder konnte das Innenministerium nicht beantworten. Ebensowenig, ob noch laufende Verfahren den Vorwurf der Unterschlagung von Unterlagen, Beihilfe zum Subventionsbetrug, Unterschlagung von ABM-Mitteln oder missbräuchliche Verwendung von SAM-Geldern betreffen. Offensichtlich hat man im Innenministerium schon wegen der Anzahl der Ermittlungen den Überblick verloren.
Ebenfalls den Überblick verloren zu haben scheint OB Baumann in eigener Sache. Es ist ja auch verwirrend, die Figur des OB könnte einem Krimi-Drehbuch entnommen sein. 1998 half Baumann einem Freund kurz vor der Vollstreckung, wie man hörte, aus der Patsche. Als städtischer Mehrheitsgesellschafter der Zschopauer Erschließungs-Sanierungs-Entwicklungs-Gesellschaft, kurz ZESEC genannt, kaufte er ihm für 950.000 DM (485.727 Euro) die Stadthalle ab.